Karabinerkunde
Dank eines Bekannten, der beruflich als Industriekletterer arbeitet, konnte ich heute in einem Crashkurs etwas über Karabiner lernen – da dies ja vielleicht auch für euch interessant ist, wollte ich das mal festhalten:
Mein Bekannter empfiehlt bei Karabinern auf den Industriestandard zu setzen. Diese Karabiner werden ordentlich geprüft und sollte es Rückrufaktionen geben kann man diese anhand der Seriennummern prüfen. Preislich macht der Industriestandard keinen Unterschied.
Woran erkenne ich Industriekarabiner?
Karabiner für den Industrieeinsatz fallen unter die persönliche Schutzausrüstung (PSA). Die entsprechenden Normen dazu sind:
- EN 362 (geeignet für
Auffang, Aufstieg am Seil, Arbeitsplatzpositionierung, Zurückhaltung) - EN 12275 (geeignet für Kletterhallen, Kletterrouten, Höhlenforschung und Canyoning)
Alle Karabiner sollten eine Bruchlast von 25kN oder mehr haben.
Folgende Angaben müssen auf allen Karabinern vorhanden sein:
- Hersteller
- Name des Geräts / Typenbezeichnung
- erfüllte Norm (EN 362)
- Nummer der CE-Prüfstelle
- Hinweis auf das Handbuch
- Seriennummer
- DREI Bruchlasten (Quer, Längs, Offen)
Fehlt eine dieser Angaben ist die Norm nicht erfüllt, ggf. handelt es sich um eine Fälschung. Insbesondere bei günstigen Karabinern sollte man darauf achten.
Oft macht es Sinn die Hersteller einmal zu googlen. Taucht ein Hersteller nicht in den gängigen Klettersport-Shops auf sollte man die Finger davon lassen.
Verschlüsse
Die Karabiner gibt es mit verschiedensten Verschlüssen.
Grundsätzlich sollte man auf hakenlose („Keylock“) Verschlüsse zurückgreifen, da diese seilschonender sind und Hakenverschlüsse ein Bauteil mehr haben, das kaputtgehen kann: den Splint.
Keylock-Verschlüsse, die eine etwa schlüssellochartige Form haben sind dort meist besser geeignet:
Insbesondere wenn ich den Karabiner in Seile einfädeln muss (z.B. beim Futomomo) kann ich dort mit scharfen Kanten das Seil schnell beschädigen, daher sollte man unabhängig von der Bauform prüfen wie scharfkantig der Karabiner dort ist.
Die meisten *locks sind herstellerspezifisch und aus den Bezeichnungen lässt sich die Art ableiten wie sie zu öffnen sind:
- Slide/Quick-Lock: Schiebeverschluss
- Twist-Lock: Schraubverschluss (XX-Grad-Drehung, dann liegt die Hülse über der Öffnung)
- Tri-Lock: Schieben, Drehen, Öffnen in verschiedenen Permutationen (schieben hoch/runter, dann drehen links/rechts – aber immer erst schieben, dann drehen)
- Ball-Lock funktioniert wie ein Ratschenkopf – erst Knopf drücken, dann irgendetwas bewegen.
Es ist anzumerken, dass bisher alle Verschlüsse außer Ball-Lock und Tri-Lock wohl nur durch Seilbewegung einmal geöffnet wurden. Gewisse Bewegungsabläufe sind allerdings im Bondage derart unwahrscheinlich, dass man trotzdem mit den meisten handelsüblichen Locks auf der sicheren Seite ist.
Mein Bekannter hält Twist-Locks für die geeignetsten Locks für Bondage, da sie einhändig sehr schnell zu öffen sind. Schlanke Hülsen sprechen hier für eine höhere Sicherheit gegen versehentliche Öffnung – auf der anderen Seite kann man sie dennoch leicht mit dem Handballen öffnen und das Seil hineinschieben.
Von Schraubverschlüssen rät er wegen der Schmutzempfindlichkeit und der langsamen Öffnung ab.
Bauform
Neben dem Verschluss ist auch die generelle Form des Karabiners entscheidend. Je runder die Kanten, an denen das Seil durchgezogen wird, desto materialschonender und kraftsparender ist es.
Je nach Einsatzzweck können unterschiedliche Karabiner Sinn machen: Es gibt sie in D- und ovaler Form oder in dem Birnenförmigen HMS-Design. Insbesondere wenn man mehrere Seile nebeneinander durchführt, sollte man darauf achten, dass sie auch ordentlich Platz dafür haben.